II.7. Finanzierung und Fundraising§
Organisationsformen von Ausstellungshäusern§
Je nachdem, welche Rechtsform ein Ausstellungsbetrieb hat, so gestalten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen. Folgende Rechtsformen werden unterschieden:
- kommunale Rechtsformen (Chef = OBM): städtischer Eigenbetrieb, Regiebetrieb (wirtschaftlich selbständig), Anstalt öffentlichen Rechts (Nutzungszweck), Zweckverband (rechtsfähige Körperschaft öffentlichen Rechts)
- Einrichtungen der Länder (Chef = zuständiges Landesministerium, z. B. Universitäten, außeruniversitäre Einrichtungen): Gemeinnützigkeit
- Einrichtungen des Bundes (Chef = zuständiges Bundesministerium, z. B. Nationalmuseen, außeruniversitäre Einrichtungen): Gemeinnützigkeit
- kommerzielle/unternehmerische Rechtsformen: OHG, GbR, KG, (g)GmbH (& Co. KG): unterschiedliche Rechts- und Haftungsformen
- Verein; Stiftung: Gemeinnützigkeit
✪ Welche Rechtsform besteht in Ihrer Institution?
✪ Wie laufen Entscheidungsprozesse ab, welche Gremien (Dienstberatungen, übergeordnete Einrichtungen, ...) gibt es?
✪ Wer bezahlt die Rechnungen und darf sachlich und rechnerisch richtig zeichnen?
Kulturfinanzierung: Wo kann das Geld (und Sachmittel) herkommen?§
Der Regelfall: Kulturförderung durch die öffentliche Hand§
Breitenförderung im Kulturbereich ist Staatsaufgabe. Sie ist im im GG verankert als meritorisches Gut, aber es gibt kein klares Gesetz dafür. Dazu dienen die Länderverfassungen.
Kulturförderung ist
- freiwillig, und damit keine Pflichtaufgabe
- die Kulturhoheit liegt in Einzelfällen immer beim Land statt beim Bund
Der Bund Aus historischen Gründen (das so-genannte “Dritte Reich” mit Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda) gibt es in Deutschland kein Bundeskulturministerium. Erst seit 1998 existiert ein Staatsministerium für Kultur und Medien und seit 2002 eine Bundeskulturstiftung.
Der Bund ist traditionell für auswärtige Kulturpflege zuständig, koordiniert über das Auswärtige Amt. Darunter werden z. B. die Goethe-Institute und die Außenstellen des Deutschen Archäologischen Instituts koordiniert.
Das Staatsministerium für Kultur und Medien und der Bund kümmern auch um:
- die Deutsche Nationalbibliothek mit Standorten in Frankfurt/M. und Leipzig
- überregionale Kultureinrichtungen jüdischen Lebens
- Buchpreise
- Filmförderung
- Gedenkstätten
- Stiftungswesen
- regionaler Fokus: Berlin, Neue Bundesländer, aber mit nationaler Bedeutung
Länder und Kommunen
Die weitaus größeren Förderer sind Kommunen (eigenverantwortlich: ca. 50%) und die Bundeländer. Sachsen ist ein Sonderfall: Dieses Bundesland ist die mit Abstand dichteste Kulturlandschaft der Welt - mit den meisten Orchestern, Konzerthäusern und Theatern sowie Brauchtumsvereinen. Dafür musste nach der Deutschen Einheit die Gesetzeslage für den gesamten Bund novelliert werden. Es wurde das Kulturraumgesetz geschaffen, eine Umlageverfahren bestehend verschiedenen Organen (nur für den ländlichen Raum, nicht für die kreisfreien Städte wie Dresden und Leipzig). Es wurde mehrfach evaluiert; die aktuellste Fassung stammt von Dezember 2018
Kommunale und Landesförderprogramme sind bei der Stadt bzw. bei den betreffenden Ministerien einzusehen.
Kulturfinanzierung allgemein
Kulturfinanzierung umfasst die Rahmenbedingungen und Instrumente zur Beschaffung von Finanzen und Sachmitteln zur Ermöglichung des Angebots von Kultur.
In der Regel finanziert die öffentliche Hand Kultur. Die zumeist ca. 80% Personalausgaben und 20% Fixkosten von Kulturbetrieben können nicht 1:1 auf die Gäste umgelegt werden, z. B. auf Eintritts-/Ticketpreise. Diese wären sonst nicht mehr erschwinglich. Input ist also nicht gleich Output: es ist mit hohen Fehlbeträgen zu rechnen - und dies bei hohen Erwartungshaltungen in Bezug auf die Qualität und zunehmender Staatsverschuldung und Finanzkrisen, denn das Geld ist Steuergeld.
Für Finanzierungen werden Haushalte aufgestellt, z. B.
- städtische Verwaltungs- und Vermögenshaushalte (meist im Oktober/November; das Haushaltsjahr beginnt ab Januar) - dies stellt Kultur- und Wissenschaftsbetriebe oft vor Abrechnungsprobleme, weil deren Haushaltsjahre im September (Beginn der Spielzeit) oder im Oktober (Start des deutschen Wintersemesters) beginnt
- es gibt Fehl-, Fest-, Anteilsbedarfsfinanzierung
Folgende Punkte sind zum Thema Kulturfinanzierung wissenswert:
- Kulturraum: Förderungswege durchlaufen den Zweckverband, Beirat und Konvent (Umlageverfahren)
- Public Private Partnership: Unternehmen unterstützen staatliche Einrichtungen durch Sachleistungen (z. B. Ausstattung von Chemiekabinetten in Schulen)
- Merchandising: Verkauf von “Fanartikeln” des eigenen Hauses (Achtung, insbesondere in Universitätseinrichtungen gibt es dafür strenge Regeln)
Fundraising§
Woher können Sach- und Geldleistungen für Ausstellungen herkommen? Abgesehen vom Haushalt der eigenen Institution und den klassischen (wissenschaftlichen) Fördergebern gibt es dafür noch folgende Varianten:
- Mäzenatentum (eine Einzelperson oder Familie)
- Spende (von Einzelpersonen oder Unternehmen, freiwillige, unentgeltliche Leistung ohne Gegenleistung)
- Sponsoring (von Unternehmen, unbegrenzt abziehbar als Betriebsausgabe)
➜ Fundraising ist zugleich “Friendraising”! Damit ist gemeint, dass es optimal wäre, einen Geldgeber früh an sich zu binden, damit langfristiges Spenden ermöglicht wird (Philanthropie-Gedanke).
➜ Der entscheidende Unterschied zwischen Spende und Sponsoring besteht in der steuerlichen Behandlung.
✪ Erkundigen Sie sich beim Geldgeber und bei Ihrer Institution, wie Fundraising funktioniert. Manchmal gibt es Regeln für die Ansprache potentieller Geldgeber, dass Sie keine Kaltakquise machen müssen. Allerdings kann dies manchmal erfolgversprechender sein als eine Abteilung einer Forschungseinrichtung oder Universität in die Spur zu schicken.
✪ Sponsoring oder Spende? Beachten Sie die gesetzlichen Regelungen, die Regeln Ihrer Institution (zu Sponsoring-Verträgen, Spendenvereinbarungen, Umsatzsteuer on top oder im gespendeten/gesponsorten Bertrag inklusive), und, falls eine Option, womit der Geldgeber und Sie als Geldempfänger am besten leben können. Vorteilhafter für beide ist natürlich eine Variante ohne Steuer - z. B. passives Sponsoring.
Exkurs: eine weitere Form des Fundraising ist “Product Placement”. Die Königsdisziplin davon sind die James-Bond-Filme mit entsprechenden Auto-, Elektronik- und Getränkemarken. Die Marken zahlen für die Filmproduktion, damit sie im Film berücksichtigt werden. Manches fällt in Deutschland unter Schleichwerbung, aber man kann sich die Idee auch zu Nutze machen:
✪ Warum nicht das Plakat der Ausstellung bei Einzelhändlern im Viertel aushängen lassen?
Sponsoring
Eine wichtige Einkommensquelle für Museen kann Sponsoring durch Unternehmen sein.
- im Vordergrund steht der Fördergedanke
- Sponsoring besteht aus Leistung und Gegenleistung, die in einem Sponsoringvertrag festgehalten werden
- Gegenleistungen durch ein Museum können sein: Zitate (Details s. u.), exklusive Führungen für das Unternehmen, Firmenfeier im Museum
- ganz wichtig: gesetzliche und steuerliche Regelungen beachten! Es gibt seit 1998 den so genannten „Sponsoring-Erlass“, § 10b Abs. 1 EStG, wonach eine Spende als Betriebsausgabe anerkannt wird:
- EStH
- Fallbeispiele
- Sponsoring kann umsatzsteuerpflichtig sein, wenn Werbung erfolgt (so genanntes aktives Sponsoring - z. B. Anzeigen im Katalog, Werbung in Tagungsmappen) - die genauen Rahmenbedingungen müssen daher vorab und im Sponsoringvertrag geklärt werden
- wenn es sich um so genanntes passives Sponsoring handelt, bestehen die Gegenleistungen maximal in Nennung des Sponsors (Zitat) und Logoabdruck als Dank und nicht zu Werbezwecken
- sonst nicht erreichte Zielgruppen können über die Öffentlichkeitsarbeit und Kontakte des Unternehmens angesprochen werden, denn es wird darüber berichten und intern Rechenschaft ablegen
- Problem: selektive Förderung (ein Unternehmen fördert nur das, was in sein Konzept passt; manche Firmen haben Sponsoringkonzepte)
- Interesse des Unternehmens: Erhöhung der Bekanntheit, Markenprofil schärfen (Unternehmen “schmücken” sich mit dem Engagement, gerade in Kultur und Wissenschaft), Absatzsteigerung
- “Erfolgskontrolle” ist schwierig, läuft meist über Zitate der Förderung (Nennung in der Presse und in Reden, z. B. zur Vernissage, wechselseitige Nutzung der Logos (z. B. online und auf Druckerzeugnissen wie Postern, Flyern, Postkarten, Katalog etc.)
Controlling - wie wird abgerechnet?§
Controlling ist das Führungs- und Unterstützungssystem für Planung, Steuerung, Kontrolle. Die Ausgestaltung hängt vom Budget und der Rechtsform der Institution ab.
Ganz simpel ist ein
- Ist-Soll-Vergleich (Input vs. Output), Transparenz
Controlling-Instrumente werden so eingesetzt:
- operativ: Break-Even-Analyse (Trennung Gewinn-/Verlustzone), Deckungsbeitragsanalyse, Investitionsrechnungsverfahren
- strategisch: Früherkennung von Trends, Chancen + Risiken, Portfolio, Swot-Analyse (= Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats), Szenarien (s. o.)
Im Controlling treffen die zwei Zielsysteme des Kulturmanagements wohl am Härtesten aufeinander: das künstlerische und das ökonomische.
- Wirtschaftlichkeit = Ertrag/Leistung im Verhältnis zu Aufwand/Kosten
- Produktivität = Output/Input
- Gewinn = Ertrag (Umsatz) – Kosten
- Rentabilität = (Gewinn x 100) / eingesetztes Kapital
Bereiche im Kulturbetrieb, wo Controlling eine Rolle spielt, sind:
- Beschaffung
- Absatz
- Produktion
- Personal
- Finanzen
Wichtige “gesetzliche” Rahmenbedingungen liefern:
- Tarifvertragsrecht
- Bühnenrecht
- Rechtsform des Kulturbetriebs - sie entscheidet über die Verortung des Controllings, und die Entscheidungsträger
- Privatisierung einzelner Leistungen (Outsourcing), eingeteilt in:
- echte Privatisierung (Leistungsprivatisierung)
- unechte Privatisierung (kommunale Trägerschaft, z. B. über eine gGmbH)
- Form der Haushaltsführung und Buchhaltung:
- Kameralistik (Auflistung von Einnahmen + Ausgaben)
- Doppelte Buchführung (Gegenüberstellung mit Haushaltsplan)
Wie werden Haushalte im Kulturbereich geführt?
- Einteilung der Haushalte in:
- Vermögenshaushalt (investive Maßnahmen)
- Verwaltungshaushalt (konsumptive Einnahmen und Ausgaben)
- “Tilburger Model”, NL, “New Public Management” (eine Stadt wird wie eine Holding organisiert, nur teilweise auf D übertragbar)
- Doppelte Buchführung: Jeder Vorgang, der eine Veränderung eines in der Bilanz enthaltenen Postens zur Folge hat, muss notwendig auch einen zweiten Posten ändern. (Plus bei Geschäftsvorfall, Minus bei Kasse)
- setzt jeweilige Geschäftsvorfälle zueinander in Beziehung
- alle Fälle müssen erfasst werden
- geschlossenes Kontensystem (Konto/Gegenkonto)
- Darstellung der Leistungs- und Zahlungsvorgänge getrennt auf Bestands- und Erfolgskonten
- Kenngrößen: Eigenkapital, Fremdkapital, Schulden, Privatentnahme, Privateinlage (Differenz ergibt Jahresgewinn)
- Aussagewert der Bilanz
✪ Erkundigen Sie sich, welches Haushaltsmodell für Ihre Institution zutrifft. Manchmal haben Institutionen sowohl eine kameralistische Abrechnungsweise und die Doppik. Zum Vermögenshaushalt einer Institution können auch Exponate einer Ausstellung gezählt werden.
✪ Wer rechnet ab, was müssen Sie liefern und in welcher Form? Wer zeichnet sachlich und wer rechnerisch richtig?
✪ Machen Sie sich Kopien oder Scans von Vorgängen, die Sie weiterleiten.
✪ Welche Tarifverträge gelten für Ihren Bereich? Müssen Sie für Externe Abgaben zur Künstlersozialkasse abführen? Was ist mit GEMA etc.?